Ärzt*innen sind nach gängiger Meinung Leute, die andere Menschen gesund machen. Haben sie weniger zu tun, müssten sie ja eigentlich froh sein: Das eigene Infektionsrisiko sinkt, es ist endlich mal Zeit die Praxisräume zu renovieren, mehr Zeit für die Patient*innen hat mensch auch noch, und vielleicht sogar Zeit, sich richtig auszuruhen, um sich für die anstrengende anstehende Impfkampagne vorzubereiten. Und wem denn wirklich die Decke auf den Kopf fällt, könnte ja immer noch im Krankenhaus aushelfen. In einer vernünftig organisierten Gesellschaft wäre das so.
Aber: Im Kapitalismus sind Ärzt*innen Menschen, die ihr Geld damit verdienen, andere Leute zu behandeln. Sind weniger Leute krank, zum Beispiel weil wegen der Schutzmaßnahmen die Grippeepidemie ausfällt, oder weil es weniger Sport- und Arbeitsunfälle gibt, dann sind die Ärzt*innen nicht etwa froh. Sondern: Sie beschweren sich über Einnahmeausfälle und beklagen: „Einen so ruhigen Winter habe ich in meinem ganzen Berufsleben noch nicht gehabt.“ (Arzt in Bremen, laut Weser-Kurier v. 11.03.2021)
Ein marktwirtschaftlich organisiertes Gesundheitssystem mit staatlichen Zwangsvorsorgekassen und budgetierten Leistungen sorgt dafür, dass Arztpraxen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wenn zu wenig Leute krank werden oder sich durch Unfälle verletzen.
Ob das nun wirklich zur Aufgabe von Arztpraxen und zur Verschlechterung der medizinischen Versorgung führt, wird die Zukunft zeigen.
Für heute aber lernen wir: Für ein „wirtschaftlich gesundes“ Gesundheitssystem im Kapitalismus dürfen die Leute nicht zu wenig krank sein.