20.12.2020 PDF

...und deutscher Frieden auf Erden

Eine olivgrüne Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2,1-2,18 und SZ 30/11/2020

 1 Und es begab sich in den letzten Tagen der Kanzlerschaft von Angela Merkel, dass alle Parteien sich einschätzen ließen, wie sie die Führung der Nation gestalten wollten. 2 Und da eine Pandemie wütete, fanden die Grünen keine Herberge, und versammelten sich digital. 3 Unter ihnen war Annalena, die von ihrem Parteivolke mit ausersehen war, die Grünen zur Macht zu führen. 4 Und es vollendeten sich die Tage, in denen die Grünen ein neues Grundsatzprogramm beschlossen, und sie zeigten es stolz aller Welt.

5 Und es waren Journalist*innen auf dem Felde, und diese wunderten sich sehr, denn früher einmal hatte die Partei alle Gewalt abschaffen wollen, ohne freilich zu wissen oder wissen zu wollen, warum es diese überhaupt gab.

6 Ihnen aber rief Annalena zu: 7 „Fürchtet euch nicht, ich verkündige euch große Freude, die aller Welt widerfahren wird. Frieden allen Ländern, an denen Deutschland ein Wohlgefallen hat – und Krieg allen Staatenlenker*innen, die uns nicht zu willen sind und uns humanitäre Anlässe geben, an ihnen große Werke zu tun“

8 Es war nämlich in jenen Tagen die Welt voller Nationalstaaten, von denen nicht alle ihre Völker als Arbeitskräfte und Staatsbürger*innen zu nutzen wussten, und darum war die Welt voller Mord und Folter, wo die Herrschenden unliebsame Volksteile verfolgten und bekriegten. 9 Dies nahmen die imperialistischen Mächte hin und wieder zum Anlasse, einzugreifen und zu zeigen, wer die wahren Herren der Welt seien. 10 Und da sie dies häufiger, aber nur dann taten, wenn es ihnen in den Kram passte, so herrschte große Verzagtheit unter denen, die den herrschenden Frieden immer noch für das Gegenteil von den Kriegen hielten, die ebenjener dauernd hervorbrachte.

11 Da hub Annalena von Neuem an: 12 Wir dürfen uns nicht wegducken.[...] Es gibt eine internationale Schutzverantwortung. Einen Genozid kann die Weltgemeinschaft nicht ignorieren. Diesem Dilemma stellen wir uns als Grüne.“ 13 Denn es war Sitte geworden, unter denen die herrschten, und unter denen die gerne herrschen wollten, alles was sie vorhatten, sowohl damit zu rechtfertigen, dass es sich aus dem Recht ergebe, als auch, dass sie nur einer höheren Notwendigkeit gehorchten und alles andere unverantwortlich sei. 14 Da aber unter den Massenmördern und Folterherren auch viele waren, die dem Westen nützlich, und darum sehr lieb waren, wollten sich die imperialistischen Hauptmächte nicht reinreden lassen, was die richtige praktische Umsetzung ihrereigenen Prinzipien in der Welt betraf. 15 Und so gab es immer großes Geschrei darum, ob ein Massenmord denn nun ein Genozid sei oder nicht.

16 Nun war es aber an dem, dass es den Präsidenten im fernen Amerika nicht länger recht war, dass Deutschland zwar alle Früchte der imperialistischen Weltordnung genoss, sich aber an der militärischen Absicherung des globalen Kapitalismus nur eingeschränkt beteiligen wollte. 17 Und es ergriff der europäische Geist von Annalena Besitz und sie rief aus: „ Ja, in manchen Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren. […] Wir Europäer haben zu wenig getan. Das treibt mich um.“ 18 Und sie forderte eine klare Antwort, auf die Vorschläge des Präsidenten des Nachbarlandes, der da gemeint hatte, man müsse nunmehr unabhängiger von Amerika werden, blieb aber unbestimmt darin, wie diese Antwort aussehen sollte.

19 Und als sie so gesprochen, da kam eine kleine Horde linker Schäfchen herbeigetrippelt und klagte: 20 Wir kämpfen gegen die Militarisierung der Politik, gegen die Versuche, Macht- und Einflusszonen, Profitinteressen und Freihandel mit Waffengewalt durchzusetzen. Um Krieg und Gewalt zu beenden und allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, müssen globale, friedliche und kooperative Lösungen gefunden werden.“ 21 Dieses aber hatte die Linkspartei beschlossen, die so gerne mit den Grünen zusammen Deutschland regieren wollte, aber nicht von ihrem Glauben lassen konnte, der herrschende Friede lasse sich auch ohne Militär sichern und garantieren, und die Imperialismus nur für eine schlechte Angewohnheit von Staaten, namentlich den USA, hielt.

22 Da entbrannten die Grünen voll Zorn, weil sie darin ihre früheren, nun stark relativierten Ideale sahen, und riefen: 23 „Ihr Heuchler! Deutschland zum Erfolg führen wollen, aber ihm die wichtigsten Mittel zur Interessendurchsetzung nicht erlauben. Wahrlich, wir sagen euch: Eher wählen wir Friedrich Merz zum Bundeskanzler, als dass wir Zweifel an unserer Regierungsfähigkeit aufkommen lassen. Wir müssen uns da ehrlich machen. […]“

24 Das verdross die beiden Hirten der Linken, Dietmar und Amira, sehr. 25 Und Dietmar sprach voll Bitterkeit im Herzen: 26 Dass wir in einigen Fragen der Außenpolitik andere Positionen haben als SPD und Grüne, weiß jeder. Ich wünsche mir dennoch ein Mitte-links-Bündnis und arbeite daran.“ 27 Und als das ungehört verhallte, rief Amira in ihrer Not: 28 „Die Linke steht für Diplomatie und zivile Konfliktlösungen. Aber ich möchte noch etwas zum Thema Regierungsbeteiligung sagen. Wenn damit ein echter Politikwechsel möglich ist, dann sind wir dafür offen. Aber auch nur dann.

29 Da lachte Annalena und sah, dass alles (für sie) gut war. 30 O Deutschland, Dein soll sein die Macht und die Herrlichkeit. Und was Du tust, wollen wir gut finden, und was wir gut finden, sollst Du tun. Wir sind gut in Form. Nächstes Jahr ist alles möglich.“

31 Und das glauben wir auch, und deshalb wollen wir allen diese Geschichte erzählen, ohne sie weiter zu deuten.

 

Alle kursiven Zitate sind echt und entnommen aus:

Für Annelena Baerbock: „Wir dürfen uns nicht wegducken“, Interview mit der Süddeutschen Zeitung 30.11.2020

Für die linken Schäfchen: Beschluss des Parteitags der Linken von 2018.

Für Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali : "Wollen wir 2021 doch mal sehen", Interview mit der Süddeutschen Zeitung, v. 15.12.2019

Alle anderen sind ausgedacht und häufig dem Lukas-Evangelium, nach den modernisierten Übersetzungen Zwinglis und Luthers, nachempfunden .