J. aus B. schreibt: 

Meine Stellungname zum Text (ich versuchs so objektiv wie möglich, wobei das bei einer Entscheidung, die aus Gefühlen resultiert wenig möglich sein kann): 
1. Der Autor versucht als Spezizist erster Klasse den Veganismus zu kritisieren. Er sagt, der Lebensstil (auch der vegane) beruhe erstmal auf der freien Entscheidung jedes Menschen und sei nicht kritisierbar ("sei erstmal ihre Sache"), gleichzeitig beschreibt er die Begründung des Veganismus aber als "unangenehm" ohne zu schildern inwiefern er persönlich betrofffen ist, ohne einen Grund, warum er diese Begründung als unangenehm empfinden könnte. 
2. Er sagt, der Veganer hätte den Wunsch " die Differenz zwischen Mensch und Natur zur Seite der Natur hin aufzulösen". Aber wo bitte steckt die Differenz zwischen Mensch und Natur? Sind wir nicht ein Teil der Natur? Was sind wir sonst? Wir stellen Sachen her, die nicht natürlich sind, aber selber gehören wir schon dazu, oder? 
3. Dann führt er ein Gegenargument an, dass doch eigentlich für Veganer spricht. Er sagt, die Natur könne nur vom Menschen reflektiert werden um sie zielgerichtet zu verändern und behauptet Veganer würden das ablehnen. Aber grade das ist es doch. Von Natur aus esse ich Fleisch, nur durch die Vernunft, durch die Wissenschaft und den freien Willen kann ich die Natur reflektieren alternativen dazu finden. Ich lebe jetzt eben nicht mehr in der Steinzeit und jage mir mein Fleisch, der Mensch kann sich grade durch seine Vernunft davon abwenden! Wenn ich in einem weniger entwickelten Land leben würde, könnte ich mich garnicht so versorgen, dass ich als Veganer gesund lebe. 
4. Der Autor sagt, der Mensch würde dem Tier ein "Rechtsbewusstsein andichten", "müsste sich zum Anwalt erheben" und das stehe nicht in seiner Macht. Einerseits dichte ich keinem Tier ein Rechtsbewusstsein an. Ich gehe nicht davon aus, dass das Schwein es ungerecht findet in einem Käfig zu leben ABER ich denke, dass auch das Schwein (wie der Hund oder der Marienkäfer) Schmerzen spürt, wenn ich es töte! Wenn ich nem Hund auf die Pfote trete macht er seinen Schmerz doch deutlich, oder? Und wieso steht es nicht in der Macht des Menschen sich zum Anwalt zu erheben, wenn es doch in seiner Macht zu stehen scheint sich als von der Natur getrennt zu betrachten und sie so zum Herr über die Erde zu machen? Wieso kommt von einem "liken" die Aussage, dass der Mensch sich nur über andere erheben darf(!) um sich zu bereichern? Ich werde doch von seiner Argumentation dazu gezwungen mich zum Anwalt zu erheben, weil ich doch das einzige Lebewesen bin, dass über Vernunft verfügt. 
5. Zu der unterstellten "Selbstkasteiung" muss ich glaube ich nichts sagen. S.o -> Vernunft 
6. Nein, die Massentierhalter machen sich einfach keine Gedanken über das Tier als Lebewesen, es ist nur Ware. Ein kg Ferkel kostet zZt 0,85€! Das auch Menschen ausgebeutet werden ist klar, aber welcher Veganer sagt es ist ok Menschen auszubeuten? Klar muss der Kapitalimus abgeschafft werden, aber wie man sieht ist es heute schon möglich "sich aus freiem Willen zu entscheiden wie ich mein Verhältnis zur Natur organisiere". 
Fazit: Ich glaube, der Autor hat noch nie einen Veganer von nahem gesehen. Die einzige Quelle auf die er sich bezieht sind die Slogans, die man auf jeder Tierrechtsdemo um den Kopf gehauen bekommt und sollten auf jeden fall nicht die gesamten Beweggründe des Veganismus repräsentieren (die er ja eh als "unangenehm" empfindet). Er widerspricht sich laufend selber oder benutzt Argumente die (aus meiner Sicht) für den Veganismus sprechen, gegen ihn. Es ist einfach genausowenig möglich als Rassist eine diefferenzierte Kritik zu schreiben, wie es ihm als Spezizist möglich war. Im Grunde will der Autor doch nur wieder darauf hinaus möglichst viele davon zu überzeugen, dass der Kapitalismus abgeschafft werden muss, als das er sich wirklich mit dem Veganismus auseinandersetzen will.





Hallo J.! zunächst sei dir versichert, dass die Autorin durchaus VeganerInnen kennt - und auch von nahem. Deine Argumentation geht insgesamt ein bisschen ins Leere: Wenn du sagst, dass du als Mensch, als vernunftbegabtes Lebewesen den vorhandenen Stand an Naturbeherrschung ausnutzen willst, um in Deinem privaten Lebensstil möglichst wenig Leiden von nicht vernunftbegabten Lebewesen mit zu verschulden - nur zu. Das ist zwar sehr moralisch gedacht ("verschulden"'), aber wir wollen dir deine veganen Pasten gar nicht verekeln. Was wir hingegen kritisieren ist erstens, wenn uns Ernährungsfragen als politische Handlung verkauft werden und sich im Glauben gewogen wird, mit jedem Brot, das mit veganer Sojapaste bestrichen ist, würde die Welt ein bisschen besser werden. Zum einen muss man sich die entsprechende Paste erstmal leisten können - billig ist so ein gutes Gewissen nicht zu haben, soviel zur Illusion, im "hier und jetzt" seinen Bezug zur Natur schon mal ganz herrschaftfrei zu organisieren. Unterschlagen sind die Verhältnisse, unter denen diese Paste hergestellt wurde. Du schreibst: "Das auch Menschen ausgebeutet werden ist klar, aber welcher Veganer sagt es ist ok Menschen auszubeuten?" Das "auch" ist schon mal komisch, Tiere werden nicht ausgebeutet, sondern benutzt, aufgezogen, gefüttert und geschlachtet, um Profit zu machen. Das damit gleichzusetzen, dass jemand deine Arbeitskraft aufkauft, um aus deren Benutzung einen Gewinn über die Kosten hinaus zu erzielen, trägt zur Erklärung nix bei. Ärgerlicher noch: Mal wieder wird das, was Menschen Menschen antun, gleichgesetzt mit dem, was Menschen Tieren antun. Aber dir würde nie in den Kopf kommen, Löwen vorzuwerfen Antilopen "auszubeuten". Wahrscheinlich weißt Du, dass es durchaus Veganer gibt, die definieren, dass es zu viele Menschen gibt, die Menschen als unnatürliche Störfaktoren des Planeten Erde behandeln. Du schwindelst dich also über die - zugegeben nur möglichen, nicht unbedingt notwendigen - menschenfeindlichen Konsequenzen des Veganismus hinweg (wir wollen auf so eklige Sachen, wie die Gleichsetzung von Tiermast mit der Shoah und der damit einhergehenden Abwertung der Opfer und der völligen Abstraktion von den Gründen, warum die Nazis Millonen von Juden umgebracht haben, gar nicht weiter eingehen). Noch mehr: Magst du uns bitte erklären, warum du als gute Veganerin keine Wollpullover und keinen Honig zu dir nimmst? Mit Leiden ist es nicht verbunden, sondern Benutzung von Natur. Ganz viele Veganer stört das - ein Hinweis darauf, dass sie eben nicht das rational gelassenes Verständnis von Mensch und Natur, das du zu haben vorgibst, haben, sondern den Unterschied zwischen Mensch und Natur durchstreichen. Du fragst - fast möchten wir sagen: rhetorisch - was denn der Unterschied zwischen Mensch und Natur ist, ob der Mensch nicht auch Teil der Natur sei. Dabei benennst du den Unterschied selber recht klar: Menschen sind vernunftbegabt, können sich entscheiden und sind Argumenten zugänglich. Du wirst schon wissen, warum du uns eine Mail geschickt hast - und nicht im Löwenkäfig Flugblätter verteilt hast. Viele Grüße, T., jungelinke