30.05.2017, 19:00
Hochschule Hannover - Fakultät V (ehem ev. Fachhochschule) / Aula (5.038) im Gebäude 5 im Erdgeschoss
Blumhardtstr. 2, Hannover
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Soziale Arbeit - Arbeit an und für die Gesellschaft der Konkurrenz

 

Sozialarbeiter wollen helfen - und sie tun das auch. Nicht bei Krankheiten, Naturkatastrophen oder Schwierigkeiten bei der Installation von Ubuntu. Sozialarbeiter helfen Menschen in sozialen Notlagen. Sie unterstützen, mal fördernder, mal fordernder, bei all den Problemen, die auftauchen, wenn man seinen Alltag in dieser Gesellschaft bewältigen muss.

Diese Hilfe der Sozialen Arbeit zu einem gelingendem Alltag in der jeweiligen Lebenswelt ihres Klientels, haben jene, aus Sicht von Sozialstaat und Sozialer Arbeit sowie dem Großteil der Gesellschaft, auch bitter nötig. Wer auf der Strasse schläft, braucht jemanden, der ihm hilft sich um eine Wohnung zu bemühen; wer arbeitslos ist, braucht Beratung zur richtigen Berufswahl und Tipps für die Bewerbung; wer nicht regelmäßig zur Schule geht, muss Hilfestellung bekommen das Aufstehen und Lernen hinzukriegen.

All dies und noch mehr leistet die Soziale Arbeit an Hilfe an ihrem Klientel.

Dieser Hilfebedarf scheidet gleichzeitig die Sozialarbeiter von ihrem Klientel. Die sehen ihre Notlage oft anders: Sie finden einfach keine Wohnung oder Job; sie sehen in der Schule eine Beschränkung von sich oder eine Veranstaltung, in der sie eh verlieren. Sie alle sehen keine Perspektive mehr für sich in den Angeboten der modernen Gesellschaft. Positiv wissen sie zu berichten, was sie brauchen: Geld, um all die Sachen zu haben und zu machen, von der die Sozialarbeit zu verlauten weiß, dass die ohne die kontinuierliche Anstrengung des Individuums im Alltag nie zu haben sind.

Darin besteht dann auch der Kern der Hilfe der Sozialen Arbeit: Dem Klientel deutlich machen, dass diese Gesellschaft eine Perspektive für sie bietet - in jeder individuellen Lebenswelt und Lebenslage - mit der richtigen Anstrengung.

Und genau dafür ist die Soziale Arbeit zu kritisieren. Es ist ja kein Geheimnis, worin man sich anstrengen muss. Die Soziale Arbeit hilft ihrem Klientel jene Lebenswege als Angebote zu betrachten, von denen sie ausgeschlossen wurden. Gerade die Konkurrenz um Wohnung, Jobs oder Noten, aus der sie als Verlierer hervorgehen, sollen sie betrachten als Chance voranzukommen. Ob sich die Anstrengung, sich immer wieder von Neuem in der Konkurrenz zu bewähren auch lohnt, ist eine ganz andere Frage, eben abhängig von den ominösen gesellschaftlichen Bedingungen, die man angeblich nur gekonnt nutzen können muss.

Die Wahrheit über die Konkurrenz, dass sie immer notwendig Gewinner UND Verlierer produziert, dass sie nicht vom eigenen Anstrengen abhängt sondern entschieden wird im praktischen Vergleich gegen andere, dass sie für die Lohnabhängigen, Mieter und Schüler durch Arbeitgeber, Vermieter und Lehrer entschieden wird, ist gekonnt positiv umgedeutet in der Betrachtung als Möglichkeit für einen gelingenden Alltag. 

Die Veranstaltung ist deswegen kein Beitrag zu einer Kritischen Sozialen Arbeit, welche selbst- und gesellschaftskritisch den Standpunkt einer prinzipiellen Kritik als Bekenntnis es ganz anders zu wollen, als man es dann doch macht, vor sich her trägt. Sie ist auch keine Beratung für die Fragen der Praxis Sozialer Arbeit. Ebensowenig soll die Frage geklärt werden, wie die Arbeitsbedingungen denn zu verbessern seien. 

Die Veranstaltung ist vielmehr ein Angebot zu diskutieren,

- warum die Soziale Arbeit nötig ist, sie deswegen aber kein Lob verdient

- wie die Soziale Arbeit hilft und trotzdem nie vorbei ist

- warum das Klientel von der gutmeinenden Betreuung durch die Sozialarbeiter nichts wissen will

- und warum daran die Sozialarbeiter selbst kaputt gehen.