Gute Argumente gegen eine ungenießbare Kapitalismuskritik - über die McDonaldskritik von Slow-food und Co.
Was mensch an McDonalds kritisieren kann
Das Essen, das über die Theke wandert, ist nicht konzipiert worden um der menschlichen Genussfähigkeit neue Dimensionen zu eröffnen, sondern um damit Profit zu machen. Vom Einkauf der Rohstoffe, über die Lagerung, Produktion, bis zur Aufbereitung, alles soll möglichst billig sein. Genuß wird als sekundäres mitgeschliffen; er kommt nur in soweit in Betracht, als daß irgendjemand das Essen auch essen wollen muß, damit es verkauft werden kann. So ist das im Kapitalismus. Allen Unternehmen nicht nur den gastronomischen geht es um die Erwirtschaftung von Profit. Und wie jedes kapitalistisches Unternehmen will McDonalds Mittels der Anwendung seiner Arbeitskräfte Gewinn machen. Deswegen sind die Arbeitsverhältnisse beschissen und die Löhne niedrig. Freiwillig hat sich McDonalds der Arbeitgebervereinigung nicht angeschlossen. Schlecht bezahlte Jobs ohne Absicherung heißen deshalb auch "Mc-Jobs". Das selbst solche miesen Arbeitsverhältnisse angenommen werden müssen, liegt nicht an der Bösartigkeit des Arbeitgebers McDonalds. Sondern liegt daran, dass Leute ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, die Arbeitskraft von vielen nicht gebraucht wird und deshalb viele bereit sind jeden Scheißjob zu machen. Damit das Image nicht leidet, soll den Kunden nicht ins Auge springen, dass die Mitarbeiter von McDonalds in fettig heißer Umgebung arbeiten, gibt es Lächelerlasse, Standardsätze und standardisierte Verhaltensweisen.
Lebensmittelmoralismus
Anstatt McDonalds so zu kritisieren, fällt den Gegnern von McDonalds - Gegner des Kapitalismus wollen sie ja nicht sein - nichts besseres als eine "bessere" Lebensmittelmoral ein. Ihnen schmecken ganz offensichtlich die McDonalds-Speisen nicht, aber anstatt sich dann von diesem Warenangebot abzuwenden, fühlen sie sich von Eßgewohnheiten ohne Messer und Gabel bedroht. Dabei ist fast food bei Zeitmangel eine recht nützliche Möglichkeit der Nahrungsaufnahme. Nicht den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen gilt die Kritik der McDonaldsgegnerInnen. Die legen es einem nämlich durchaus nahe zwischen Arbeit, Studium/Schule und Freizeit oder politischer Aktivität ein schnelles, nicht zu teures Essen auf die Hand zu kaufen, anstatt lang andauernd und genüßlich zu Schlemmen. Diese Verhältnisse sind stressig, ungesund, basieren auf Ausbeutung und gehören abgeschafft. Essen was schnell zu bereitet wird und schnell konsumiert werden kann müsste an sich auch nicht schlecht schmecken und könnte durchaus nahrhaft sein. Die McDonalds Gegner sehen das anders: sie kritisieren das fast food an sich. Diesem fast food halten sie tapfer entgegen: "Wir sind keine Neandertaler! Wir essen vorzugsweise mit Messer und Gabel! Wir brauchen keinen Big-Mäc und Co und auch keine Welteinheitsküche!" Dem Bremer Senat und dem Leitungsgremien des Weserstadions werfen sie vor, es gehe ihnen nur um den "schnöden Kommerz". An der Kritik sieht mensch schon: "bloß" um das Gewinne machen soll es nicht gehen. Gegen Gewinne, Geld und Warenproduktion haben die Kritiker von McDonalds erst mal nichts. Dabei heißt das Lebensmittel Waren sind, z.B.: - das nicht das Bedürfnis ausreichend ist um welche zu kriegen - das Quantität und Qualität, die man kriegt vom Geld abhängt, das man hat oder auch nicht - das bei der Produktion der Lebensmittel das Wohl der Konsumenten eine eher nebensächliche Sache ist Die Lebensmittelmoralisten bedienen eine recht kleine und exquisite Zielgruppe. Aus dem gemeinsamen Essverhalten und der Zufälligkeit des Wohnorts wird eine gemeinsame Identität gebacken und hoch gekocht. So paart sich falscher Antikapitalismus und regionale Borniertheit.
Öko-Mythos Regionalität
Doch nicht nur das fast food soll an sich schlecht sein. Ebenso verfällt der Transport von Nahrungsmitteln aus anderen Weltgegenden der Verdammung durch die ökologischen Essensmoralisten. Nicht der Transport an sich, sondern die Orientierung am Profit, der jeder Unternehmer folgen wollen muß, sonst geht er in der Konkurrenz unter, führt zu den zu kritisierten Folgen. Nach diesen Kriterien führt der Transport zu einer Minderung der Qualität der Nahrungsmittel durch schlechte Konservierungsstoffe und zu einer unnötigen Verschmutzung der menschlichen Lebensbedingungen durch möglichst billige Beförderungsformen. Der Großteil des Transportaufkommens in der Nahrungsmittelproduktion fällt im übrigen nicht dadurch an, daß Menschen auch im Winter frisches Gemüse essen können oder auf bestimmte Köstlichkeiten aus Fernost nicht verzichten müssen, sondern weil ganze Produktionsschritte ins Ausland verlagert werden um die Lohnkosten zu senken. Der Weg der Nordsee-Krabben nach Marokko zum Pulen und zurück zum deutschen Markt, ist der Logik des Kapitals geschuldet. Vernünftigerweise würden sie Vorort gepult und zwar nicht durch deutsche Öko-Hände sondern durch Maschinen, deren Einsatz im Kapitalismus zu teuer ist. Doch nicht nur wegen ihrer albernen Kritik am Transport , soll das Essen nur aus der nächsten Umgebung kommen, und sich außerdem auch noch dem Wechsel der Jahreszeiten unterwerfen. All die Forderungen verdanken sich der Ideologie, es gehe um die Erhaltung von "regionaler Küche" und "regionalem Geschmack", von "Genuß und Vielfalt statt Welteinheitsbrei". Als ob die Unterwerfung unter die Naturumstände in irgendeiner Weise dem Genuß förderlich wäre. An Erdbeeren im Winter stört uns höchstens der Winter. Wir zumindest essen gerne noch andere Sachen als Kohl, Karotten und Fisch, und verzichten ungern auf Kartoffeln, Mais, Tabak, Oliven, Wein, Tofu und Pute. Eine weitere Steigerung der Naturbeherrschung, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, wäre voran zu treiben. Dem Schnack vom Einheitsbrei kann mensch ohne die entsprechende Moral auch kein Argument abgewinnen. Was soll daran schlecht sein, daß ein Hamburger in New York, Paris, Moskau und Bremen gleich schmeckt? Wem's schmeckt, garantiert dies doch nur, daß er kriegt, was er will. ‚Vielfalt' ist nämlich kein Wert an sich. Es kommt immer darauf an, wovon es ‚viel' gibt, und was davon zu halten ist.
Deutsche Weltbürger: Schafft ein, zwei, viele Regionen
Eine weitere Spielart der regionalen Borniertheit ist es freilich nicht nur den Schmodder der eigenen Region toll zu finden, sondern jeden Kram, solange dieser nur aus irgendeiner Region stammt. Hauptsache es erscheint authentisch. In Wirklichkeit kommt jedes Essen, das nicht zufällig im Weltall produziert wurde, aus einer Region. Wenn also regionale Vielfalt bewahrt werden soll, dann ist das das Motto für den engeren Zusammenschluß des Kontinents der Regionen: Europa. Das Ganze paßt prima zur Zusammenballung der europäischen Nationalstaaten zur Weltmachtalternative gegen die USA unter deutscher Führung.
Antiamerikanische Begleitmusik zur europäischen Weltmachtpolitik
So wundert es auch nicht, wenn von McDonalds die Rede ist, schnell der Schluß auf den amerikanischen Kulturimperialismus kommt. So hat sich die Slow-food-Bewegung gegründet und auch die Globalisierungskritiker unter Führung des Roquefort-Fan José Bové hat kaum ein größeres Hassobjekt. Wer vom Kapitalismus in seiner Kritik nicht reden will und es beim moralischen "Anscheißen" belässt, dem kommt es stets gelegen, wenn das Übel von Außen kommt. Entsprechend entzündet sich damit auch die Kritik nicht am Wienerwald oder der ganz normalen Pommesbude, an denen sich ebenfalls alle Prinzipien kapitalistischer Essensproduktion aufzeigen lassen, sondern stets an McDonalds. Der Konzern steht für die amerikanische Unkultur schlechthin. Wer das Kraut, das vor den eigenen Füßen wächst per se toll findet, weil das da schon länger dort wächst oder traditionelle dort angebaut wurde, dem geht es nicht um den Genuß für die Menschen, sondern um die Pflege regionaler Borniertheit. Es ist kein Zufall, das norddeutsche Regionalisten sich nicht etwa von Weißwurst, Brezeln oder Apfelwein bedroht fühlen, sondern von Essen, das einer anderen Nation zu geordnet wird. Dieser kulinarische Nationalismus ist nicht nur die Begleitmusik zur von der Regierung ausgerufenen Stärkung des ökologischen Agrarstandort Deutschland. Er liegt auch voll im Kurs mit der europäischen Weltmachtpolitik, die die Konkurrenz mit den USA um den ersten Platz in der Weltordnung nochmal deutlich verschärft hat. Die Verteidigung der Kulturfront im heimischen Garten mit dem Anbau von Scheerkohl, ist zwar ein wenig lächerlich, aber das Verhältnis auf das es sich bezieht, hat brutalere Konsequenzen als regional bornierte Küche.
Dieser Text wurde 2002 von Junge Linke Bremen veröffentlicht.