31.12.1997 PDF

Stoffkundebroschüre - 1. Hilfe

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Die folgenden Hinweise sind mit Sicherheit nicht hinreichend und auf dem Papier sicher auch einfacher als in der Praxis. Insofern ist es angeraten, sich - zumindest wenn man nicht einen Erste-Hilfe-Kurs belegen will/muss - mehr Informationen einzuholen. Bei der Beratungsstelle Palette (Schillerstr. 47-49, 22767 Hamburg, 040-455457) gibt es z.B. für wenig Geld ein Poster "Erste Hilfe in Drogennotfällen" zu bestellen, und in dem erwähnten Safer-Use-Buch finden sich alle wesentlichen Anleitungen. Wer sich unsicher ist, sollte immer ein/e ÄrztIn rufen, auch wenn diese sich nicht immer an ihre Schweigepflicht halten, wenn's um Drogen geht. Wer den Notruf 112 wählt, kann anschließend der nächsten Polizeistelle mitteilen, dass ein Notruf ausgelöst wurde und kein Fremdverschulden vorliegt. Dann kommen die mit einiger Sicherheit nicht. Des weiteren gilt: Eine Person auf Drogenproblemen nie alleine lassen.


BEWUSSTLOSIGKEIT
Wird eine bewusstlose Person gefunden, so ist zunächst die Atmung zu kontrollieren. Dazu wird der Handrücken vor Nase und Mund der Betroffenen gehalten, um einen Luftstrom zu spüren. Ebenso den Brustkorb abtasten und prüfen, ob er sich hebt. Ein Mensch atmet normalerweise 12 bis 17 mal in der Minute. Ungenügende Atmung oder Atemstillstand lassen sich auch an der Blauverfärbung der Lippen oder hörbar schwerem Einatmen erkennen ("Schnappatmung"). Auch bei hilflosen oder halb weggetretenen Personen sollte die Atmung kontrolliert werden. Läuft die Atmung normal, wird die Betroffene in die stabile Seitenlage gebracht. NotärztIn alarmieren und bis zum Eintreffen die Atmung überwachen.


ATEMSTILLSTAND
Vor der Beatmung müssen die Atemwege freigemacht und danach die Person auf den Rücken gelegt werden. Der Mund muss mit Hilfe eines um zwei Finger gewickelten Taschentuchs von Erbrochenem u.ä. gereinigt, enge Kleidung gelockert und anschließend der Kopf der Person im Nacken behutsam maximal überstreckt werden, um die Atmung zu erleichtern (s. Abb. I). Sollte die Atmung nun noch immer nicht einsetzen, muss beatmet werden.

BEATMUNG
Am einfachsten ist die Mund-Nase-Beatmung. Dazu wird der Kopf mit der einen Hand an der Stirn so weit wie möglich nach hinten gedrückt, während die andere Hand das Kinn hochzieht und mit dem Daumen den Mund verschließt. Anschließend tief einatmen, die Nase der Betroffenen mit dem Mund fest umschließen und die eigene Ausatemluft langsam und druckvoll einblasen. Beobachten, ob sich der Brustkorb hebt und senkt (passives Ausatmen der Betroffenen bei leicht geöffnetem Mund). Ist diese Methode nicht möglich, muss die Nase der Betroffenen zugehalten und von Mund zu Mund beatmet werden (s. Abb. 2). Ein Atemstoß des Helfers soll nur etwa eine bis zwei Sekunden anhalten, Volumen ist wichtiger als Rhythmus. Der Beatmungsvorgang wird drei- bis fünfmal wiederholt. Mögliche Fehlerquellen und Hindernisse sind dabei: Mund und Rachen sind nicht genügend gereinigt worden. Die Person wird kurzzeitig umgelagert, um Flüssigkeit aus Mund und Rachen ausfließen zu lassen. Oder: Der Kopf ist im Nacken nicht weit genug überstreckt, so dass die Zunge die Luftröhre verlegt. In diesem Fall den Kopf weiter überstrecken und evtl. mit einer Rolle im Nacken fixieren. Setzt die Atmung nicht wieder ein, muss der Puls überprüft werden. Dazu werden Zeige- und Mittelfinger seitlich des Schildknorpels am Hals angelegt (dort ist der Puls am einfachsten zu spüren). Immer an beiden Seiten kontrollieren.


HERZSTILLSTAND
Ist kein Puls zu spüren, fehlen Herztöne und ist die Haut blass und fahl, so sind dies Zeichen eines Herzstillstandes. Ein weiteres Zeichen ist Atemstillstand nach Schnappatmung. In diesem Fall ist eine Herzmassage durchzuführen: Der Betroffene wird auf harter Unterlage auf den Rücken gelegt und der Oberkörper entkleidet. Neben den Brustkorb knien und zunächst die beste Druckstelle suchen. Dazu mit dem Zeigefinger am Rippenbogen bis zum unteren Ende des Brustbeinknochens fahren. Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand neben dem Zeigefinger der ersten Hand anlegen. Handballen der ersten Hand neben Zeige- und Mittelfinger der zweiten Hand aufs Brustbein legen. Dort ist der Druckpunkt (s. Abb. 3). Die zweite Hand jetzt über die erste, bereits auf dem Brustbein liegende Hand legen und damit die Finger der unteren Hand hochziehen. Den Brustkorb kurz und kräftig ca. 4 cm in Richtung Wirbelsäule eindrücken und dann sofort entlasten. Die Hände ständig auf dem Brustkorb liegen lassen, um den Druckpunkt nicht zu verlieren. Den Brustkorb in der beschriebenen Weise etwa 80-mal pro Minute eindrücken (s. Abb. 4).
Bei Atem- und Herzstillstand müssen Beatmung und Herzmassage im Wechsel durchgeführt werden, bis Puls und/oder Atmung wieder spürbar sind. Mit der Beatmung ist zu beginnen; niemals zugleich beatmen und Herzmassage anlegen! Wer alleine Erste Hilfe leistet, gibt im Wechsel immer zwei Beatmungen und 15 Brustkorbkompressionen, bei zwei HelferInnen eine Beatmung und fünf Brustkorbkompressionen. Nach jeweils vier Durchgängen Puls kontrollieren.
Achtung: In Fällen von Herzstillstand immer den Notruf auslösen! Niemals eine Herzmassage versuchen, wenn kein Herzstillstand vorliegt. Dies kann tödlich sein. Einige UserInnen empfehlen bei Überdosis mit Atemstillstand Injektionen mit Salzwasser. Das ist Quatsch. Auch Opiatantagonisten (d.h. Medikamente, die die Opiate von den Rezeptoren der Nervenzellen verdrängen, etwa 'Larfan' oder 'Narcanti') sollten, wenn überhaupt, nur von ÄrztInnen angewandt werden aufgrund der unberechenbaren Reaktionen auf den Spontanentzug.


SCHOCK/SHAKE
Bei einigen Drogen, so auch Heroin, kann es zu Schockzuständen kommen. Die Person hat dann kalte Schweißausbrüche, kühle Haut, Blässe, rasenden Puls und flache, schnelle Atmung. In diesem Fall die Betroffene in einen ruhigen, nicht zu hellen Raum bringen, die Beine hochlegen und gegen Unterkühlung mit Decken versorgen. Verbal Kontakt halten und evtl. warme Getränke zu trinken geben. Bei Hyperventilation in eine Plastiktüte atmen lassen, um die Überversorgung mit Sauerstoff zu unterbrechen.
"Shakes" treten aufgrund von Verunreinigungen in der gespritzten Substanz auf. Die Person ist dabei bei vollem Bewusstsein und zittert am ganzen Körper, wobei sich Schweißausbrüche und Kältegefühle abwechseln können. Im Grunde ist das selbe Vorgehen wie beim Schock angezeigt, wobei mit dem Betroffenen das für sie Angenehmste abgesprochen werden kann und sollte.


KRÄMPFE
Beim Mischkonsum vor allem mit Benzoldiazepinen und Barbituraten, aber auch bei Amphetamin, MDMA und Kokain kann es zu Krämpfen kommen. Dabei verkrampfen sich Hände und Gesicht, unkontrolliertes Muskelzucken tritt auf, Schaum kann vor den Mund treten, die Betroffene kann sich versteifen oder wild um sich schlagen und sollte dabei vornehmlich vor Verletzungen geschützt werden. Gefährliche Gegenstände müssen weggeräumt, die Person selbst nach Möglichkeit weich gepolstert werden. Festhalten nützt wenig, da Betroffene erstaunliche Kräfte entwickeln und in Panik sich und andere verletzen können. Auf keinen Fall harte Gegenstände zwischen die Zähne schieben, wie dies bei EpileptikerInnen früher getan wurde: das führt nur zu Zahnverletzungen. Eventuell, wenn der Betroffene es zulässt, eine Taschentuchpackung oder ähnlich Weiches zwischen die Zähne schieben, aber nie mit Gewalt! Bei schweren Krampfanfallen, insbesondere nach dem Konsum von Beruhigungs- und Schlafmitteln, eine Notärztin alarmieren; mit Pech können bei schweren, schnell aufeinander folgenden Anfällen (status epilepticus) Gehirnschädigungen verursacht werden.